Bei der taz sitzt man demnächst im Ausland in der 2. Reihe

14.09.2010
taz-Korrespondentinnen und Korrespondenten

14.09.2010 - Erklärung der taz-Korrespondentinnen und Korrespondenten

Stolz hat die taz immer mit dem dichten und kompetenten Netz ihrer MitarbeiterInnen im Ausland geworben. Doch nun hat sie 14 AuslandskorrespondentInnen gekündigt, die mit einem Pauschalvertrag an die Zeitung gebunden sind. Sie sollen neue Verträge erhalten, laut denen sie bei gleicher Arbeitsleistung bis 28 Prozent weniger verdienen.

Bisher hat die Auslandsberichterstattung bei Leserumfragen immer die besten Noten im Blatt bekommen. Damit könnte es demnächst vorbei sein, denn die Korrespondenten müssen sich de facto nach weiteren Einnahmequellen umsehen, um die entstandene Lücke zu füllen. Damit droht die Tätigkeit für die taz zur Nebenerwerbsstelle für die KorrespondentInnen zu werden - und damit wird die Qualität der Auslandsberichterstattung unweigerlich sinken.

"Wem 10, 20 oder noch mehr Prozent von Lohn und Gehalt gekürzt werden, der muss auf die Straße gehen".  (taz am 6. Mai 2010, Seite 1, Kommentar zur Griechenlandkrise)

Wir sollen für die gleiche Arbeit wesentlich weniger verdienen. In Griechenland hält die taz das für nicht hinnehmbar - im eigenen Hause aber schon. Begründet wird das mit den gestiegenen Kosten der Auslandsberichterstattung bei der taz. Aber warum sind die Kosten gestiegen? Im Blatt nimmt das Ausland einen immer größeren Raum ein, nicht nur auf den Auslandsseiten. Genau aus dieser positiven Entwicklung soll jetzt denen ein Strick gedreht werden, die dazu beigetragen haben.

Ausgerechnet eine "linke Zeitung", die in diesem Jahr erstmals seit ihrer Gründung  keine roten Zahlen schreibt, will sparen, indem sie langjährige MitarbeiterInnen, die für die taz in zahlreichen Krisen weltweit Kopf und Kragen riskiert haben, auf eine Minipauschale setzt.

Was ist der taz die Auslandsberichterstattung noch wert?
fragen wir und wehren uns. Zunächst haben wir uns an die Besitzer der taz, die Genossenschaft, gewandt, mit der Forderung, bei ihrer Jahresversammlung am 18. September darauf hinzuwirken, dass die Kündigungen zurückgenommen werden.

Zugleich müssen wir uns jetzt aber vorsorglich nach weiteren Auftraggebern umsehen. Unter dem Titel: "Taz-KorrespondentInnen suchen weitere Arbeit" werden wir uns vom Mittwoch, dem 15.9.2010  bis zur Genossenschaftsversammlung am 18.9. nach weiteren Erwerbsquellen umsehen. In diesen Tagen stehen wir aus Zeitmangel der taz nicht zur Verfügung. Da wir gezwungen sind, die uns mit der Kündigung entstehenden finanziellen Lücken zu füllen, muss die taz zunächst in diesen Tagen ohne uns auskommen.

Das ist eine Aktion, die wir auch stellvertretend für viele andere Kollegen durchführen, gegen einen  Trend in zahlreichen Medien, die durch Absenkung der Bezahlung und "Flexibilisierung" ihrer Mitarbeiter die Qualität der Berichterstattung ernsthaft gefährden.

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Rudolf Balmer (Paris),  Michael Braun (Rom), Gerhard Dilger (Porto Alegre), Ralf Sotscheck (Dublin), Reiner Wandler (Madrid), Daniela Weingärtner (Brüssel),  Karim El-Gawhary (Kairo), Jürgen Gottschlich (Istanbul), Susanne Knaul (Jerusalem), Andreas Zumach (Genf)

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